Unter Piezoelektrizität versteht man eine lineare elektromechanische Wechselwirkung zwischen den mechanischen und den elektrischen Zuständen eines Kristalls.
Vom direkten piezoelektrischen Effekt spricht man, wenn durch eine mechanische Deformation des Kristalls eine hierzu proportionale elektrische Ladung erzeugt wird, die als elektrische Spannung abgegriffen werden kann. Abbildung: Piezoelektrischer Effekt/Einfluss äußerer Kräfte. Je nach Kraftrichtung werden elektrische Ladungen entsprechenden Vorzeichens erzeugt.(Quelle: CeramTec)
Der inverse piezoelektrische Effekt zeichnet sich durch eine Deformation aus, welche sich proportional zu einem äußeren elektrischen Feld einstellt, das durch Anlegen einer elektrischen Spannung erzeugt wird. Abbildung: Inverser piezoelektrischer Effekt/Einfluss elektrischer Felder. Der Körper ändert seine Abmessungen mit der Spannungsänderung. (Quelle: CeramTec)
Aus den Grundschwingarten leiten sich alle Bauteile für die Applikationen als Sensor und Aktor ab. Abbildungen: Grundschwingarten von piezokeramischen Bauteilen. (Quelle: CeramTec)
Besteht die Piezokeramik aus einer Schicht, spricht man von Singlelayertechnologie. Standardmäßig werden daraus heute piezokeramische Scheiben, Platten, Streifen, Ringe, Kalotten, Röhrchen und eine Vielzahl von Sondergeometrien gefertigt. Ist die piezokeramische Komponente aus mehreren aktiven piezokeramischen Schichten aufgebaut, spricht man von Multilayertechnologie.
Eine weitere Variante ist der Biegewandler. Dieser entsteht, wenn z. B. Piezokeramikelemente mit einem Trägermaterial verklebt werden. Die Piezokeramik reagiert bei elektrischer Ansteuerung mit Längenänderung, und man erhält, ähnlich wie beim Bimetall, eine große Auslenkung des Verbundes in Abhängigkeit von Polung und Spannung mit moderaten Kräften.
Die heute wichtigsten piezoelektrischen keramischen Werkstoffe sind Bleizirkonattitanat (PZT).Die spezifischen Eigenschaften dieser Keramiken hängen u.a. vom Verhältnis von Bleizirkonat zu Bleititanat ab. Daraus ergeben sich vielfältige. Sogenannte „piezoelektrisch harte“ Materialien werden für Leistungsanwendungen (z. B. Ultraschallerzeugung) herangezogen, wo es auf geringe Verluste ankommt. „Piezoelektrisch weiche“ Materialien dienen in Aktor- und Sensoranwendungen, wo es auf Auslenkung unter Spannung oder um hohe Empfindlichkeit geht.
Aufgrund von EU-Regulatorien wie RoHs ((engl.: Restriction of hazardous substances; deutsch: „Beschränkung (der Verwendung bestimmter) gefährlicher Stoffe“) und ELV (End of Life Vehicles Directive)) wird in letzter Zeit verstärkt die Möglichkeit des Einsatzes von bleifreien Werkstoffen geprüft. Trotz einiger Fortschritte ist ein Ersatz von PZT gegenwärtig nicht abzusehen. Für die weitere Verwendung von PZT ist eine Ausnahmegenehmigung im Anhang der entsprechenden Richtlinien verankert.
Piezokeramik hat sich weite Anwendungsgebiete in der Elektronik, der Fahrzeugindustrie, der Medizintechnik, dem Geräte- und Maschinenbau und bei Konsumeranwendungen erschlossen: Piezokeramische Bauteile kommen als Wandler in der Telekommunikation, Akustik, Hydroakustik, Materialprüfung, Ultraschallbearbeitung, Flüssigkeitszerstäubung, Durchflussmessung, Füllstandsmessung, Abstandsmessung und in der Medizintechnik zum Einsatz. In Form von Aktoren findet man sie in Mikropumpen, optischen Systemen, in Gasventilen, in der Tiefdrucktechnik, bei Tintenstrahldruckern, in Textilmaschinen und Braillemodulen (Blindenlesegeräten) wieder. Als Sensoren reagieren sie auf Kraft, Druck und Beschleunigung und ermöglichen die Überwachung unterschiedlichster Prozesse.
Weitere, ausführlichere Information hierzu im Brevier (Werkstofftabelle)