Wissenschaft
und Technik stehen in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess.
Dabei führt der Weg zu immer anspruchsvolleren, intelligenteren
Technologien.
Mit derselben Dynamik steigen auch die Ansprüche,
die an moderne Werkstoffe gestellt werden. Gefordert werden
unter anderem höhere Festigkeiten für Material sparende
Konstruktionen, leichtere Bauteile zur Energieeinsparung,
höhere Qualität für mehr Sicherheit sowie längere
Lebensdauer. Schließlich spielt die Wirtschaftlichkeit
eine ganz entscheidende Rolle.
Keramische Werkstoffe haben zu diesem Innovationsprozess
bisher einen wichtigen Beitrag geleistet.
Voraussetzungen für einen erfolgreichen
Einsatz von Keramik sind werkstoffgerechte Konstruktion und
Fertigung sowie keramikgerechte Anwendung. Es geht heute nicht
um die Verdrängung von herkömmlichen Werkstoffen,
vielmehr ermöglichen „maßgeschneiderte“
Produkte völlig neue Problemlösungen.
Der Weg zum keramischen Bauteil
Um die Eigenschaften von Keramik sinnvoll
und effektiv nutzen zu können, reicht es nicht, ein vorhandenes
Bauelement aus herkömmlichem Werkstoff detailgetreu in
Keramik umzusetzen. Die Zeichnung des bislang genutzten Bauteils
kann aber mit etlichen zusätzlichen Informationen den
Weg zum keramischen Serienbauteil zeigen.
Dabei müssen die thermischen, elektrischen,
mechanischen und chemischen Belastungen berücksichtigt
werden. Aufgrund der jeweiligen Schlüsselbelastungen
lassen sich ein oder mehrere Werkstoffe aus der Menge der
Keramiken herausfiltern. Hierbei sind die Werkstofftabellen
und Werkstoffbeschreibungen in den folgenden Kapiteln hilfreich.
Der neue keramische Werkstoff muss den Analysen
der technischen Problemstellung genügen, darüber
hinaus ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis über
seine gesamte Lebenszeit und ggf. einen Zusatznutzen bieten.
Danach wird die Zeichnung auf Umsetzbarkeit
geprüft und für die Herstellung optimiert.
Die geforderten Toleranzen sind oft metalltypisch, d. h. für
alle Flächen relativ eng. Um die Kosten zu optimieren,
ist eine Unterscheidung zwischen keramischtypischen, allgemeinen
Toleranzen und speziellen Toleranzen für Funktionsflächen
notwendig.
In einigen Fällen sind auch die Funktionsprinzipien und
damit die Neukonstruktion der Baugruppe zu diskutieren.
Bei dem eben beschriebenen Prozess wird der Anwender vom Keramikhersteller
begleitet.
Nach der technischen Klärung kann der
Keramikhersteller unter Berücksichtigung der Stückzahl
das optimale Fertigungsverfahren auswählen und ein Angebot
unterbreiten.
Keramik heute
Keramik hat sich bis heute in einer Vielzahl von Anwendungen
bewährt bzw. wird für neue in Betracht gezogen,
bei denen hohe Härte, große Verschleißbeständigkeit,
hohe Korrosionsbeständigkeit und gute Hochtemperaturstabilität
– verbunden mit niedrigem spezifischen Gewicht –
benötigt werden. Die neuen HighTech-Werkstoffe erreichen
hohe Festigkeiten. Ihre Werte sind vergleichbar mit den Werten
von Metallen und übertreffen in der Regel alle Polymere.
Die Eigenschaften der keramischen Werkstoffe werden maßgeblich
durch das jeweilige Gefüge – beziehungsweise die
Mikrostruktur – bestimmt. Durch die gezielte Einstellung
von bestimmten Mikrostrukturen, das so genannte Gefügedesign,
können die mechanischen und physikalischen Kennwerte
in unterschiedliche Richtungen hin beeinflusst werden.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist bei der
Anwendung von Keramik immer zu berücksichtigen: „Keramik
ist spröde“! Metallische Konstruktionswerkstoffe
sind auf Grund ihrer Duktilität „ausgewogene und
gutmütige“ Werkstoffe, die auch einmal leichtere
konstruktive Fehler verzeihen (Fehlertoleranz), da sie in
der Lage sind, lokale Spannungsspitzen durch elastische und
plastische Verformung abzubauen.
Darüber hinaus zeichnen sich die Metalle
in der Regel durch eine gute elektrische und thermische Leitfähigkeit
sowie durch Kennwerte aus, die unabhängig von der Raumrichtung
sind.
Keramische Werkstoffe hingegen sind in der
Regel elektrisch und thermisch isolierend, haben eine hohe
Härte und können eine sehr niedrige Wärmedehnung
besitzen. Durch das Fehlen der plastischen Verformbarkeit
sind sie außerdem außerordentlich formstabil.
Es werden Druckfestigkeiten erreicht, die das zehnfache der
Biege- und Zugfestigkeit betragen können. Gegenüber
Metallen ist die Keramik besonders für den Einsatz bei
hohen Temperaturen geeignet, da die Kennwerte der keramischen
Werkstoffe durch Temperaturbelastungen weitaus weniger und
erst bei höheren Gradzahlen beeinflusst werden als die
der Metalle. Ähnlich positiv verhält sich Keramik
in Bezug auf Korrosion und Verschleiß.
Wegen dieser Vorteile begegnet uns Technische
Keramik auf Schritt und Tritt. Ohne keramische Isolierteile
würden viele Haushaltsgeräte nicht funktionieren.
Ebenso wäre ohne Isolatoren und Sicherungsbauteile aus
Technischer Keramik eine zuverlässige Stromversorgung
nicht denkbar. Keramische Substrate und Bauteile bilden die
Grundlage für Komponenten und Baugruppen in allen Bereichen
der Elektronik, und im Maschinen- und Anlagenbau sorgen Gleit-
und Regelelemente für verschleiß- und korrosionsfreie
Funktion. Bei Industrieöfen in der Hochtemperaturtechnik
ist Keramik als Konstruktions- und Isolationswerkstoff unverzichtbar!
Schon diese wenigen Beispiele zeigen deutlich, dass Technische
Keramik in unserer Welt eine wichtige Rolle spielt.
Allerdings sind keramische Bauteile in der Regel nicht auf
den ersten Blick sichtbar. Sie spielen dennoch in konventionellen
Anwendungen und auch bei innovativen Produkten eine entscheidende
Rolle.
Das Potenzial der Technischen Keramik ist
noch nicht ausgeschöpft.
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