Brevier TECHNISCHE KERAMIK

 

      Vom Pulver zum Bauteil

 

 


   

4.2.5 Keramische Schichten

Für die Oberflächenveredelung werden keramische Schichten genutzt, welche an die hervorragenden Eigenschaften der Keramik, wie hohe Härte und Verschleißbeständigkeit, elektrische Isolation, niedrige Wärmeleitfähigkeit und reproduzierbare Oberflächenstrukturen anknüpfen.

Bei der Herstellung keramischer Schichten unterscheidet man zwischen der Dickschichttechnik und der Dünnschichttechnik.

Dicke Schichten (> 20 µm) werden u. a. durch thermisches Spritzen aufgetragen. Hier hat sich das Plasmaspritzen hervorragend bewährt. Beim Plasmaspritzen werden in der ca. 10.000 °C heißen Plasmaflamme oxidkeramische Pulver bzw. Pulvergemisch wie Aluminiumoxid, Aluminiumoxid/Titandioxid, Zirkoniumoxid und Chromoxid aufgeschmolzen und auf die vorher sandgestrahlte Metalloberfläche aufgetragen.



Bild 73: Prinzip des Plasmaspritzens

Vor dem Plasmaspritzen muss jedoch dafür gesorgt werden, dass durch Sandstrahlen eine zerklüftete Oberfläche entsteht, in die sich die auftreffenden Keramikpartikel gut verkrallen können.
Es werden mehrere Einzelschichten aufgetragen, sodass sich ein lamellarer Schichtaufbau mit einer guten Haftfestigkeit ergibt.



Bild 74: Schliff einer Beschichtung mit Zwischenschicht


Bild 75: Geschliffene Oberfläche einer Chromoxidbeschichtung


Vorteil des Verfahrens ist, dass alle metallischen Grundwerkstoffe (Magnesium ausgenommen) keramikbeschichtet werden können. Aufgespritzt werden oxidkeramische Pulver wie z. B. reines weißes Aluminiumoxid für die elektrische Isolation und als Verschleißschutz, Zirkoniumoxid für die thermische Isolation. Für den Verschleißschutz kommen auch Gemische aus Aluminiumoxid und Titandioxid in verschiedenen Zusammensetzungen zum Einsatz. Titandioxid stabilisiert die Alpha-Phase von Aluminiumoxid und macht die Keramikschicht zäh, stoß- und bruchfest. Die Farbe verändert sich je nach Zusatz von grau über blaugrau bis hin zu schwarz. Bei Lagern und Pumpen wird Chromoxid wegen seiner günstigen Reibungseigenschaften gegenüber metallischen Werkstoffen empfohlen. Eine Zwischenschicht aus Chrom-Nickel verbessert die Haftfestigkeit.
Die keramische Oberfläche wird durch Nachbearbeitung auf eine reproduzierbare Oberflächenrauheit eingestellt. Dabei hat sich bei den meisten Anwendungen die Standardoberfläche mit Ra = 1,5 bis 2 µm bewährt. Durch Hartbearbeitung erhält man eine glatte glänzende Oberfläche mit Ra 0,5 µm.

Die Härte der Keramikschichten liegt für Aluminiumoxid bei HV 1.800. Zum Vergleich hierzu liegt die Härte von gehärtetem Stahl bei HV 700 und von hartverchromten Oberflächen bei HV 1.200.



Bild 76: Bauteile mit Beschichtungen für den Verschleißschutz


Der Vorteil einer 0,1 bis 0,5 mm starken Isolationsschicht liegt in der Platzeinsparung. Sie ist zudem unempfindlich gegen Hitze, Schlagbeanspruchung, Licht und bis zu einem gewissen Grad gegen aggressive Medien und Verschleiß, wobei wegen der lamellaren porösen Struktur in korrosiver Umgebung für das Trägermaterial rostfreier Stahl zu empfehlen ist. Eine wichtige Anwendung der keramischen Beschichtung ist die elektrische Isolation für Betriebstemperaturen über 200 °C (bis ca. 500 V), so beispielsweise bei Heizpatronen. Bis 600 °C ist eine zuverlässige Haftung der Keramikschicht gewährleistet.

Die Metallteile sollten frei von sichtbaren Lunkern, Riefen und Löchern sein, da die Keramikschicht die Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche abbildet. Empfohlen wird eine fein gedrehte oder polierte Metalloberfläche von Rz 8 bis 16 µm. Die Dicke der Metallteile sollte mindestens 1 mm sein, da es sonst zu einem Wärmestau kommt und sich die Teile verziehen. Dünne Bleche und dünne Drähte können daher nicht plasmabeschichtet werden. Die maximale Länge der zu beschichtenden Metallteile ist abhängig von den Absaugeeinrichtungen und der Peripherie und beträgt im Allgemeinen 2 m.



Bild 77 und 78: Bauteile mit Beschichtungen für elektrische und thermische Isolation

Die Haftfestigkeit auf den Kanten ist eingeschränkt. Deshalb sollten Kanten mit einem Radius > 0,7 mm verrundet werden. Zu einer beschichtungsgerechten Konstruktion gehört die Berücksichtigung des Spannbereichs (Gewinde oder Stifte). Prinzipiell kann auch partiell beschichtet werden. Die metallischen Oberflächen werden dann entsprechend abgedeckt.

Das Beschichtungsverfahren mit Keramik eignet sich sowohl für Versuchsserien von 1 bis 10 Stück als auch für Großserien von 10.000 Stück und mehr.
Dieses Verfahren steht für die Möglichkeit, kurzfristig und schnell zu produzieren. Mit ihm ist es möglich, innerhalb weniger Tage Metallteile auf CNC-Automaten herzustellen, zu beschichten und zu bearbeiten.
Interessant sind auch Reparaturbeschichtungen. Verbrauchte Keramikschichten, die im harten Betriebsalltag Schlägen und Stößen ausgesetzt wurden, sind einfach abzustrahlen. Teuere Metallteile können ausgeschliffen und neu keramikbeschichtet werden.

Gut bewährt haben sich Plasmaspritzschichten z. B. im Textil- und Drahtmaschinenbau.

Dünnschichten (< 20 µm) werden durch PVD (Physical Vapour Deposition) oder CVD (Chemical Vapour Deposition), durch galvanische Verfahren oder durch Sol-Gel-Verfahren erzeugt. Hier haben sich z. B. bei Werkzeugen die bekannten, goldgelben TiN-Schichten bewährt.

 

 
 
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