Brevier TECHNISCHE KERAMIK

 

      Vom Pulver zum Bauteil

 

 


   

4.1.3 Urformgebung

Hierbei werden die Pulverteilchen verdichtet und in eine zusammenhängende Form gebracht, die für eine anschließende Handhabung genügend Festigkeit hat. Je nach Notwendigkeit kann dieses geformte, ungebrannte Pulverhaufwerk (Grünling oder Grünkörper) vor dem Brand noch kostengünstig bearbeitet werden, da entsprechende Arbeitsschritte nach dem Brand sehr viel aufwändiger sind. Bei den verschiedenen Verfahren der Formgebung muss darauf geachtet werden, dass es im Grünling nicht zu merklichen Dichtegradienten und Texturen kommt, weil sich diese im Brand u. U. noch verstärken, zu Verformungen führen und innere mechanische Spannungen verursachen können. Die Auswahl des geeigneten Formgebungsverfahrens erfolgt meist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (rationelle Fertigung).

Die keramischen Formgebungsverfahren lassen sich in folgende Grundtypen einteilen:

  • Pressen (0 – 15 % Feuchte)
     
  • Plastische Formgebung (15 – 25 % Feuchte)
     
  • Gießen (> 25 % Feuchte)


Trockenpressen

wird zur Herstellung von maßgenauen Massenartikeln eingesetzt. Dabei werden gut rieselfähige Granulate in Stahlmatrizen verdichtet, die entsprechend dem herzustellenden Teil profiliert sind. Die hohen Kosten für das Werkzeug (teilweise aus Hartmetall) sind in der Regel nur bei großen Serien gerechtfertigt.



Bild 53: Trockenpressvorgang

 


Bild 54: Uniaxiales Trockenpressen, ein- und zweiseitig, mit Bereichen unterschiedlicher Verdichtung (Graustufen)

Das Trockenpressen ist bei hohen Stückzahlen das wirtschaftlichste Verfahren und für einfache bis komplizierte Geometrien geeignet. Eingepresste Vertiefungen und Bohrungen sind im Normalfall nur in Pressrichtung vorzusehen.
Je nach Auslegung des Trockenpressautomaten lassen sich Bauteile von Fliesen- bis zu Streichholzkopfgröße realisieren. Kleine Scheiben oder Plättchen können bis zu einer Dicke von ca. 0,8 bis 1 mm gepresst werden. Für noch dünnere, ebene Bauteile bietet sich eher das Foliengießverfahren an. Feine Stege o. ä. im Bauteil lassen sich noch herstellen, wenn das verwendete Pressgranulat die Hohlräume im Presswerkzeug vernünftig füllen kann bzw. wenn die Werkzeuggestaltung möglich ist.

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Isostatisches Pressen

dient zur Herstellung von gleichmäßig verdichteten Rohlingen und Großkörpern, die für eine anschließende spanende Bearbeitung im Grünzustand geeignet sind. Einfache Gummiformen bedingen zunächst einfache Rohformen.



Bild 55: Isostatisches Pressen mit Bereichen unterschiedlicher Verdichtung (Graustufen)


Diese Formgebung empfiehlt sich für anspruchsvolle Prototypen- und Kleinserienfertigung, ist aber für bestimmte Produkte auch voll automatisierbar (Zündkerzen, Mahlkugeln, kleinere Kolben, Schweißdüsen).

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Nasspressen/Feuchtpressen

ermöglicht komplizierte Bauteilgeometrien, z. B. Gewinde, seitliche Bohrungen, Aussparungen und Hinterschnitte.
Die dazu verwendeten Massen weisen in der Regel Feuchtigkeiten im Bereich 10 bis 15 % auf. Unter der einachsigen Druckbelastung werden diese Massen fließfähig, sodass eine relativ gleichmäßige Verdichtung erreicht werden kann.
Nachteilig wirkt sich aus, dass Nasspressmassen nur begrenzt Druckspannungen aufnehmen können. Dadurch ist auch der Verdichtungsgrad begrenzt, der stark vom Feuchtigkeitsgehalt der Masse abhängt und auch geringer ist als bei Trockenpressteilen. Darüber hinaus ist u. U. eine Trocknung der Pressteile vor dem Sintern erforderlich. Hiervon rühren die Mitteltoleranzen nach DIN 40 680-1.

 

Extrudieren

erfolgt mittels Kolbenstrang- oder Vakuumschneckenpressen. Die homogenisierte Masse wird dabei durch ein Mundstück gepresst und so zu Endlossträngen geformt. Wichtig ist eine optimale Verdichtung der Masse.
Mit dem Extrudieren lassen sich rotationssymmetrische Teile wie Achsen oder Rohre besonders gut herstellen. Auch komplizierte Profile sind bei entsprechender Mundstücksauslegung machbar. Die herzustellenden Längen der Stränge hängen im Wesentlichen von der Neigung der Arbeitsmasse zum Verzug ab.



Bild 56: Extrudieren

 

Spritzgießen

ist für die Massenfertigung komplizierter Teile grundsätzlich geeignet. Relativ hohe Werkzeugkosten und aufwändige Entbinderung (Entfernung von organischen Additiven) begrenzen noch den Einsatz. Die Fördermenge („Schussgewicht“) beträgt bei den großen Spritzmaschinen typischerweise bis ? 70 g. Prinzipiell sollten die Wandstärken möglichst gleichmäßig ausgelegt und nach oben auf ca. 12 mm begrenzt werden.

 

Schlickergießen

ist eine einfache Methode für die Herstellung von Prototypen und geometrisch komplizierten Bauteilen, aber auch von relativ großen Körpern. Dabei können dünne Wände, aber auch Vollkörper realisiert werden. Beim keramischen Schlickerguss wird eine stabile Suspension, der so genannte Schlicker, in eine poröse, saugfähige Gipsform gegossen. Durch den Entzug der Suspensionsflüssigkeit bildet sich an der Formenwand eine Teilchenschicht, die beim Vollguss bis zum fertigen Formkörper anwächst. Beim Hohlguss wird der überflüssige Schlicker beim Erreichen der gewünschten Wandstärke ausgegossen.

 

Foliengießen

Hierbei wird ein keramischer Schlicker mit verschiedenen organischen Zusätzen auf ein endloses, über Rollen angetriebenes Stahlband gegossen. Das heißt, der Schlicker läuft kontinuierlich aus einem Vorratsbehälter durch einen einstellbaren Spalt auf das Band. Im Gegenstrom wird zur Trocknung Warmluft über die Folie geblasen, sodass man am Bandende eine, wegen der organischen Zusätze flexible Grünfolie erhält. Diese kann entweder aufgewickelt und für die spätere Weiterverarbeitung eingelagert oder direkt durch Schneiden, Stanzen, Prägen o. ä. weiterverarbeitet werden.
Mittels Foliengießen lassen sich typisch keramische Teile mit einer Dicke im Bereich 0,25 bis 1,0 mm herstellen. Die Formteile eignen sich zur Herstellung von Substraten, Gehäusen, Kondensatoren und Multilayeraktoren.


Bild 57: Foliengießen


Bild 58: Foliengießmaschine

 

Film: Foliengießen
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Die Auswahl

des jeweils anzuwendenden Formgebungsverfahren wird aus technischer Sicht durch die Geometrie und Größe der Bauteile und die an sie gestellten Anforderungen bestimmt. Stückzahl, Rohstoffeinsatz und Prozesskosten entscheiden über die wirtschaftlichste Lösung.

Die hier zunächst vorgestellten Formgebungsverfahren können noch durch weitere ergänzt werden.

Tabelle 3: Auswahl keramischer Formgebungsverfahren in der Zusammenstellung

 


Tabelle 4: Vor- und Nachteile üblicher Formgebungsverfahren

 

 
 
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