5.4.3 Temperaturwechselbeständigkeit
Eine große Anzahl keramischer Werkstoffe
ist thermoschockempfindlich, d. h. plötzliche Temperaturänderungen
können zum Versagen führen. Bemerkenswerte Ausnahmen
sind Aluminiumtitanat, Quarzgut und auf Cordierit basierende
Werkstoffe.
Ursache für die Termoschockempfindlichkeit sind die durch
Temperaturgradienten induzierten inneren mechanischen Spannungen
und die hohe Sprödigkeit der Keramik. Während bei
Metallen hohe lokale Temperaturspannungen lediglich eine geringe
lokale plastische Verformung zur Folge haben, können
diese Spannungen bei keramischen Werkstoffen Risswachstum
auslösen. Deshalb sind schnelle, starke Temperaturwechsel
möglichst zu vermeiden.
Die für die Temperaturwechselbeständigkeit verantwortlichen
Thermospannungen hängen ab von:
- Geometrischen Randbedingungen
- Thermischen Randbedingungen
- Physikalischen Größen, wie z. B.
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Wärmedehnungskoeffizient |
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Elastizitätsmodul |
E |
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Wärmeleitfähigkeit |
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Festigkeit |
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und weitere |
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Die Ermittlung der Thermoschockempfindlichkeit kann nach
einer von Hasselmann vorgeschlagenen Methode erfolgen. Proben
– im einfachsten Fall Biegestäbchen – werden
von einer Temperatur T0 auf eine Temperatur
Tu abgeschreckt. Nach dem Abschrecken
wird die Festigkeit der Proben gemessen. Die Festigkeit in
Abhängigkeit von der Temperaturdifferenz T
= T0 - Tu ergibt den in Bild 93 aufgezeichneten
Verlauf. Bis zur Temperaturdifferenz Tc
ändert sich das Festigkeitsverhalten nicht. Dann fällt
die Festigkeit innerhalb eines engen Bereichs von T
stark ab. Bis zu Tc’
bleibt diese reduzierte Festigkeit konstant und fällt
dann bei größeren Temperaturdifferenzen weiter
ab.
Bild 93: Festigkeit von thermogeschockten
Biegeproben nach Hasselmann
In der Literatur findet man zur Charakterisierung
der Temperaturwechselbeständigkeit so genannte R-Werte
(RS = Thermoschockbeständigkeit).
Die dort aufgeführten Werte für
das Thermoschockverhalten müssen als grobe Anhaltspunkte
für verschiedene Werkstoffe gelten, da die individuellen
physikalischen und mechanischen Daten stark schwanken können.
Neben den oben genannten Hauptgrößen gehen weitere,
wie z. B. Bruchzähigkeit KIC und spezifische Wärmekapazität
Cp ein.
Für poröse Keramik sind Werte, die aus homogenem
Material abgeleitet sind, nur bedingt übertragbar.
In der Praxis spielt auch die Geometrie eine wichtige Rolle.
Deshalb haben wir in unseren Werkstofftabellen eine qualitative
Bewertung eingeführt.
Prüfverfahren zur Bestimmung der Temperaturwechselbeständigkeit
sind in DIN V ENV 820-3 festgelegt.
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