7.1 Ablauf eines Bauteilentwurfs
Die Aufgabe eines Konstrukteurs ist die Lösung
eines technischen Problems. Diese Lösung muss zum einen
die Erfüllung der technischen Aufgabe und zum anderen
deren wirtschaftlicher Durchführbarkeit beinhalten. Es
ist hierbei notwendig, dass beide Bedingungen erfüllt
werden. Dies bedeutet, dass ein Kompromiss zwischen den aufzuwendenden
Kosten und dem Funktionsgewinn erzielt werden muss. Lösungen,
die entweder die technische Funktion nicht zuverlässig
gewährleisten oder bei denen die Kosten zu hoch sind,
befriedigen nicht.
Ein guter, keramikgerechter Entwurf zeichnet
sich dadurch aus, dass die vorteilhaften Eigenschaften des
keramischen Werkstoffs möglichst optimal genutzt werden
und dessen Nachteile (wie Sprödigkeit) durch Gestaltungsmaßnahmen
(z. B. Funktionstrennung, Modultechnik, druckbelastete
Bauteile etc.) abgeschwächt bzw. nicht wirksam werden.
In der Planungsphase müssen zunächst
Informationen über die genaue Funktion des zu entwerfenden
Bauteils und die Eigenschaften der infrage kommenden keramischen
Werkstoffe beschafft werden. Dazu ist es sinnvoll, dass sich
der Konstrukteur und der Bauteilhersteller in einem möglichst
frühen Stadium der Planungsphase zusammensetzen, um eine
prinzipielle Entscheidung über die Machbarkeit einer
Konstruktion zu fällen. Dabei sollten nicht nur die technischen
Randbedingungen, sondern auch der Kostenrahmen berücksichtigt
werden, um die Gefahr von Fehlinvestitionen, auch bei den
Planungs- und Entwicklungskosten, möglichst frühzeitig
erkennen zu können. Besonders vorteilhaft ist es, wenn
zum einen der Konstrukteur bereits Kenntnisse im Umgang mit
Keramik besitzt, und zum anderen der Bauteilproduzent Verständnis
für die technischen Abläufe beim Kunden hat.
Eine nützliche Voraussetzung für
die Entscheidung über die technische Machbarkeit und
die Kostenkalkulation ist ferner eine vollständige und
korrekte Zeichnung. Bezüglich ihrer ersten Ausführung,
mit der sich ein Konstrukteur an den Keramikhersteller wenden
sollte, wäre es wünschenswert, wenn dort alle veränderbaren
Partien (Form, Maße, Toleranzen, Oberflächenzustände
etc.) deutlich hervorgehoben würden. Dasselbe gilt für
diejenigen Größen, die unbedingt einzuhalten sind.
In der ersten Diskussion mit dem Keramikhersteller sollten
die Funktionsweise und die auftretenden Belastungen des Bauteils
erörtert werden, um die für den Einsatzfall optimale
Keramik festzulegen. Im zweiten Schritt sind die oben genannten,
veränderbaren Partien in Bezug auf die spätere Funktion
zu diskutieren und ggf. auftretende Schwierigkeiten für
beide Seiten klar herauszustellen.
Beim ersten Gespräch zwischen Anwender
und Bauteilhersteller sollten bereits Angaben über die
zu erwartenden Stückzahlen gemacht werden, da diese Angaben
sich ganz entscheidend auf die Wahl des zu verwendenden Herstellungsverfahrens
und dadurch auf die zu erwartenden Herstellungskosten auswirken.
Kleine Stückzahlen, Einzelstücke und Versuchsteile
werden häufig aus einem Rohling herausgearbeitet, während
sich die Anfertigung von aufwändigen Werkzeugen z. B.
für das Trockenpressen, Strangpressen oder Spritzgießen
erst für große Serien lohnt. Die nach verschiedenen
Verfahren hergestellten Bauteile besitzen nicht unbedingt
identische Eigenschaften, was bei der Übertragung von
Ergebnissen aus Vorversuchen auf die normale Fertigung berücksichtigt
werden sollte (z. B. hinsichtlich Dichtegradienten, Toleranzen,
Wandstärken, Konizitäten, Eigenspannungen etc.).
Auf der Basis der ihm vorliegenden Zeichnungen
und des mit dem Anwender geführten Gesprächs kann
der Bauteilhersteller fertigungsbedingt notwendig werdende
Änderungen vorschlagen. Diese Änderungen beeinflussen
die Funktion des Bauteils häufig in keinster Weise, ermöglichen
jedoch oft erst dessen Herstellbarkeit oder eine Reduktion
der Kosten und dadurch erst den Übergang zur wirtschaftlichen
Machbarkeit.
Nach Besprechung und Genehmigung der geänderten
Konstruktionszeichnungen werden in der Regel einige Musterteile
hergestellt und getestet. Aufgrund der Erfahrungen, die mit
diesen Teilen im Feldtest gemacht werden, wird entschieden,
ob mit der Bearbeitung des Produktionsauftrags begonnen werden
kann oder ob die Konstruktion nochmals verändert werden
muss.
Die Eigenschaften von Prototyp und Serienbauteil
können differieren. Für Freigabeuntersuchungen sollten
daher Muster aus seriennaher Fertigung benutzt werden.
Bild 130: Entwicklung keramischer Bauteile
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