Brevier TECHNISCHE KERAMIK

 

      Werkstoffe der technischen Keramik

 

 


   

3.4.2.3 Zirkoniumoxid


Zirkoniumoxid (ZrO2), umgangssprachlich Zirkonoxid, hat in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung erlangt wegen

  • hoher Bruchzähigkeit,
     
  • Wärmedehnung, ähnlich Gusseisen,
     
  • höchster Biegebruch- und Zugfestigkeit,
     
  • hoher Verschleißbeständigkeit, Korrosionsbeständigkeit,
     
  • niedriger Wärmeleitfähigkeit,
     
  • Sauerstoffionenleitfähigkeit und
     
  • sehr guter tribologischer Eigenschaften
    (sehr gut für Gleitpaarungen geeignet).

Zirkoniumoxid tritt in monokliner, tetragonaler und kubischer Kristallmodifikation auf. Dicht gesinterte Bauteile lassen sich in der kubischen und/oder tetragonalen Kristallmodifikation herstellen. Um die kubische Kristallmodifikation zu stabilisieren, müssen dem ZrO2 Stabilisatoren in Form von Magnesiumoxid (MgO), Calciumoxid (CaO) oder Yttriumoxid (Y2O3) zugesetzt werden, gegebenenfalls kommen auch Ceroxid (CeO2), Scandiumoxid (ScO3) oder Ytterbiumoxid (YbO3) als Stabilisatoren zum Einsatz.



Bild 12: Zirkoniumoxid: kubisches, tetragonales und monoklines Kristallgitter
helle Kugeln = Zr              dunkle Kugeln = O


Bei vollstabilisiertem Zirkoniumoxid (FSZ – fully stabilized zirconia) bleibt durch den Einbau von Fremdoxiden in das Kristallgitter die kubische Hochtemperaturstruktur auch nach dem Abkühlen erhalten. Der für den technischen Einsatz störende Volumensprung findet beim FSZ nicht statt.

Das teilstabilisierte Zirkoniumoxid (PSZ – partly stabilized zirconia) hat große technische Bedeutung. Hier liegt bei Raumtemperatur eine grobe kubische Phase mit tetragonalen Bereichen vor, die durch geeignete Prozessführung oder Anlassprozesse in ihrem Zustand metastabil erhalten wird. Dadurch wurde eine Umwandlung in die monokline Phase verhindert und das Gefüge „vorgespannt“, was mit einer Festigkeits- und Zähigkeitssteigerung verbunden ist.



Bild 13: Gefüge von teilstabilisiertem Zirkoniumoxid (PSZ)


Beim polykristallinem tetragonalen Zirkoniumoxid (TZP – tetragonal zirconia polycrystal) wird durch die Verwendung von extrem feinen Ausgangspulvern und Anwendung von niedrigen Sintertemperaturen ein sehr feinkörniges Gefüge erreicht. Dieses Material zeichnet sich wegen seines extrem feinen Gefüges (Korngröße < 100 ?m) und der metastabilen tetragonalen Struktur durch außerordentlich hohe mechanische Festigkeit von bis über 1.500 MPa aus.

Die sehr fein ausgebildete tetragonale Kristallphase im PSZ und im TZP zeigt ein einzigartiges Phänomen im Bereich der Hochleistungskeramik: Die Umwandlung der tetragonalen Phase in die monokline kann durch Druck gehemmt werden. Bei Druckentlastung, z. B. durch Rissspitzen oder Zugeigenspannungen, tritt dann die Umwandlung auf. Die druckgesteuerte Volumenzunahme bei der Kristallphasenumwandlung schließt Risse, verlangsamt oder verzweigt sie. Dieses Verhalten wird als Umwandlungsverstärkung technisch genutzt. Sie führt bei PSZ- und vor allem aber TZP-Keramiken zu extrem hoher Bauteilfestigkeit, welche in Abhängigkeit von der Stabilisierung für maximale Anwendungstemperaturen zwischen 600 °C und 1.100 °C genutzt werden kann. Zirkoniumoxide werden daher bevorzugt für mechanisch hoch belastbare Komponenten eingesetzt.


Bild 14: Gefüge von polykristallinem tetragonalen Zirkon-iumoxid (TZP)




Bild 15: Nanogefüge von polykristallinem tetragonalen Zirkoniumoxid (TZP)


Eine weitere werkstoffspezifische Eigenschaft ist seine Sauerstoffionenleitfähigkeit. Dieses Phänomen wird zur Messung von Sauerstoffpartialdrücken genutzt. So besteht z. B. die so genannte Lambdasonde für die Abgasregelung von Benzinmotoren aus Zirkoniumoxid.

Oxidkeramiken
Oxide
 

 

 
 
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