7.2.1 Einfluss
der Materialeigenschaften
Aufgrund des vollständigen Fehlens plastischen
Verformungsvermögens bei niedrigen und mittleren Temperaturen
versagt Keramik spontan beim Erreichen der örtlichen
Materialfestigkeit im Bereich der kritischen Gefügeinhomogenitäten.
Die hohen Spannungen treten besonders im Bereich von kleinen
Radien, scharfen Kanten, Stufen, Absätzen, Bohrungen
sowie bei punkt- oder linienförmigen Krafteinleitungen
auf. Unter Umständen werden hier aufgrund der teilweise
erheblichen Kerbwirkung dieser geometrischen Gegebenheiten
Spannungen erzeugt, welche die Grenze der Materialfestigkeit
viel früher erreichen, als es die äußere Belastung
der Komponente erwarten lässt.
Deshalb sollten bei der konstruktiven Gestaltung
eines keramischen Bauteils als Kerben wirkende geometrische
Formen (Spannungskonzentrationen) vermieden oder zumindest
nur in abgeschwächter bzw. optimierter Form verwendet
werden. Eine besondere Stärke keramischer Materialien
ist die hohe Druckbelastbarkeit. Ein primäres Ziel einer
keramikgerechten Konstruktion sollte deshalb darin gesehen
werden, diese Eigenschaft möglichst optimal auszunutzen
und die Zahl der Bereiche, in denen das Teil zug- bzw. biegebelastet
wird, möglichst klein zu halten. In den zugbelasteten
Bereichen sollten starke Spannungskonzentrationen vermieden
werden.
Diese Grundsätze werden von manchen
Anwendern oft nicht ausreichend beachtet, sondern es wird
häufig gewünscht, eine Komponente, die ursprünglich
"metallisch" ausgelegt war, formgleich in einer
keramischen Ausführung geliefert zu bekommen. Dies kann
aber nicht nur die Herstellungskosten erhöhen, sondern
stellt gelegentlich auch die Machbarkeit des Produkts infrage.
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